Donnerstag, 25. Juli 2013

Nennen wir es Bürokratie

Es war vor zwei Wochen, da machte ich –Jan-, mich mit meinem Employment Visum im Reisepass (das ist zwar nur eine Randnotiz, die aber im Verlauf der Geschichte noch wichtig wird) auf, ins Land der Gewürze, Kulturen und wie ich jetzt feststellen muss, auch in ein Land der Bürokratie.
Bürokratie hört sich ja erst mal nach Ordnung an. Also gar nicht so schlecht für einen Deutschen. Tja, wäre ich nicht in Indien.

Also beginnen wir die Schilderung meiner Begegnung mit der indischen Bürokratie mal ganz von vorn. Meine Aufgabe nach meiner Ankunft ist, mich innerhalb von 14 Tagen bei der FRO registrieren zu lassen. Das wird immer dann gefordert, wenn das Visum länger als 180 Tage gültig ist. Deshalb will ich mich an einem schönen Tag nach Dehradun aufmachen um diese Forderung zu erfüllen. Aber zunächst mussten erst einmal 6 mal das gleiche Dokument ausgefüllt werden. Gesagt, getan. Dann ging es endlich los. Aber wo ist eigentlich das FRO Gebäude? Schilder? Fehlanzeige. Also fragen wir Passanten und Polizisten…und zumindest meinen alle den Weg zu erahnen. Was soll ein Hindi sprechender Inder auch mit einem englischen Wort anfangen? Wie das so ist, läuft man natürlich stundenlang in die falsche Richtung. Aber statt das uns mal jemand den richtigen Weg zeigt, zeigen alle, freundlich wie die Inder sind, natürlich in die falsche Richtung.

Dann durch Zufall haben wir es gefunden – noch immer kein Schild. In den 3. Stock ging es dann. In jeder Etage kam man an einem kleinen Raum vorbei, der wohl die “Toilette” sein sollte. Warum die Leute vor diesem Raum an die Wand pinkeln und größere Geschäfte verrichten, weiß ich nicht.
Angekommen! Da ist tatsächlich das Büro. Niemand wartet draußen, was mich schon mal enorm gefreut hat. Auf meine Frage, ob ich hereinkommen darf, antwortete mir der Inder mit einem nichts aussagendem Kopfwackeln, das ich als “ja” deutete.
Dann guckt sich der Mitarbeiter die Formulare an. “Die sind zu alt. Vor zwei Monaten wurde das System umgestellt. Jetzt muss man die Formulare online ausfüllen und ausdrucken. Kommen sie morgen wieder.” Auf meine Frage, wo denn der Link steht, kam ein Kopfwackeln als Antwort. Achso da. Am Ausgang hing dann tatsächlich ein mit Word geschriebener Zettel, auf dem schon mit Kuli einige Korrekturen vorgenommen wurden. Also ging es Richtung Selaqui. Auf dem Weg haben wir dann noch einige andere Sachen erledigt, wodurch ich Dehradun ein bisschen besser kennenlernen konnte. Zum ersten Negativpunkt kam noch ein Zweiter. Die Kreditkarte funktioniert nicht. Anscheinend kann man nur ein einziges Mal am Tag Geld abholen. Komische Regelung, aber hat wohl irgendwo ihren Sinn. Die Busfahrt nach Hause war eine echte Mutprobe. Linksverkehr, Überholverbot und  Geschwindigkeitslimits gibt es in Indien nicht. Stattdessen fährt man entweder in der Mitte oder rechts. Falls einem ein anderes Fahrzeug entgegenkommt wird einfach gehupt, bis die Ohren abfallen. Nur Kühe bilden eine Ausnahme. Hier wird immer Platz gemacht. Wer sich den “Best Exotic Marigold Hotel” Film oder Trailer anguckt, bekommt ein 1:1 Bild. Genauso, wie da das Busfahren gezeigt wird, ist es auch in Wirklichkeit. Aber kommen wir zur Registrierung zurück. Am Abend haben Ken und ich gemeinsam alles online ausgefüllt. Das war echt eine Zumutung. Zunächst findet man das Formular nicht, dann kann man es nur mit Glück komplett ausfüllen, weil manchmal wichtige Felder fehlen, und zu guter Letzt bekommt man eine Id, sodass man das Dokument erneut öffnen und drucken kann. Ha denkste! “ID wurde in der Datenbank nicht gefunden.” Nach hunderten von Versuchen klappte es dann doch. Schnell noch alles ausgedruckt und gecheckt, ob alle wichtigen Dokumente vorhanden waren, die auf der Webseite genannt wurden. Dann ging es ab ins Bett. Am nächsten Morgen ging es dann erneut nach Dehradun. Ab in den 3. Stock, vorbei an den Toiletten, und rein ins Büro. Planlos guckte der Mitarbeiter über alle Sachen. “ID proof?” hieß es dann. ich brauchte noch eine Kopie eines Ausweises, von einer Person der Shishya School. Den hatte ich natürlich nicht. “Kommen sie morgen wieder.” Auf meine Frage, was ich denn noch für Dokumente brauche, schrieb er mir freundlicherweise alles auf, was noch fehlte. Wieso schreibt man das eigentlich nicht auf die Webseite?/ Warum nur teilweise? Ich denke, dass weiß niemand so genau. Also bin ich am nächsten Tag wieder gekommen. Wieder in den 3. Stock und vorbei an den Toiletten. Jaaa, die Dokumente waren vollständig. Ich habe alle extra noch dreimal kopiert. “Und bekomme ich jetzt die Registrierung im meinen Reisepass?” Und was glaubt ihr? Nein, natürlich nicht. “Kommen sie in drei Tagen wieder.” Morgen ist dieser Tag. Dann heißt es wieder: Auf in den 3. Stock und vorbei an den Toiletten.
Das waren meine ersten Erfahrungen mit der indischen Bürokratie. Als kleine Info am Rande: Normale Gerichtsprozesse dauern bis zu 10 Jahren, bis ein Urteil gefällt wird. Eine Frau hat wohl mal gegen ihren Mann und dessen Familie geklagt, weil diese sie misshandle. Nach 10 Jahren wurden die Familie und der Mann für schuldig befunden und der Ehefrau Recht gegeben. Die Strafe weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall waren Ehemann und Ehefrau, sowie deren Familien bereits verstorben.
Morgen werde ich einen weiteren Post veröffentlichen. Dann geht es mehr darum, was ich hier in der Schule so mache, wie ich klar komme und was ich sonst noch in Dehradun erlebt habe.

2 Kommentare:

  1. Hallo Janny, schön, wieder von Dir zu hören. Für uns unvorstellbar, was die Inder unter Bürokratie verstehen. Obwohl es bei uns ja manchmal nicht besser ist.Bin schon gespannt auf Deinen nächsten Text. Ganz lieber Gruß Manu

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  2. Die Deutschen gelten ja gemeinhin als Weltmeister der Bürokratie. Aber jetzt muss ich einmal die Ausländerbehörde im Kreishaus Herford lobend erwähnen: Das Umschreiben von Nicolás Visum hat nur 15 Minuten gedauert!

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